PROJEKT-670/670M - Fernmeldeaufklärung der Bundesmarine, Marinefernmeldesektor 73

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CHARLIE-KLASSE

Bei PROJEKT 670 handelt es sich um eine von der NATO als CHARLIE-KLASSE bezeichnete Klasse von U-Booten der Sowjetunion mit Nuklear-Antrieb. Die Klasse wurde als Träger für Marschflugkörper in den 1960er-Jahren entwickelt, um schwer bewachte Schiffsziele angreifen zu können, ohne dass das U-Boot sich bis auf Reichweite seiner Torpedos diesen Zielen annähern musste. Obwohl neben Russland auch die USA, Großbritannien, Frankreich und die Volksrepublik China nuklear betriebene U-Boote benutzen, ist ein U-Boot des Projekts 670 eines von nur zwei nuklear betriebenen U-Booten, die je gegen Bezahlung den Streitkräften eines anderen Landes (hier 1988 Indien) überlassen wurde. Nach den Erfahrungen mit dem Entwurf der PAPA-KLASSE, der sich aufgrund seiner unverhältnismäßig hohen Baukosten nicht in ausreichenden Stückzahlen produzieren ließ, kam man in der sowjetischen Marineführung zu der Einsicht, dass man einen kostengünstigeren U-Boot-Entwurf benötige, der durch seine Baukosten eine Massenproduktion erlauben sollte. So wurde das PROJEKT 670 als kleines, in Massenproduktion hergestelltes U-Boot erdacht, das im Design jedoch an die PAPA-KLASSE angelehnt sein sollte. Die geringen Abmessungen der neuen Klasse erlaubten den Bau der U-Boote auf der Werft 112 in Gorki, die keinen direkten Zugang zum Meer hatte. Die U-Boote des Projekts 670 wurden über Flüsse zur Küste transportiert. Ein Novum der CHARLIE-KLASSE SSGN war, dass es als erstes sowjetisches U-Boot mit Flugkörpern ausgestattet wurde, die unter Wasser gestartet werden konnten. Zudem sollte das U-Boot nur über einen Reaktor und eine Welle verfügen. Die meisten westlichen U-Boote wiesen diese Antriebsanlage auf, die sowjetischen U-Boote wurden jedoch bis dahin alle mit zwei Reaktoren und zwei Wellen ausgestattet. Diese Umstellung schlug sich jedoch in der Geschwindigkeit des U-Bootes nieder, denn der Reaktor erlaubte dem U-Boot nur eine Geschwindigkeit von 26 kn im getauchten Zustand. Dies machte es dem U-Boot jedoch unmöglich, großen Verbänden, die mit einer Marschgeschwindigkeit von 30 kn operierten, zu folgen. Die CHARLIE-KLASSE schien viele Probleme der alten ECHO-KLASSE in Bezug auf Design und Einsatzkonzeption zu beseitigen. Die Ziele sollten durch die ersten sowjetischen Spionagesatelliten geortet werden. Diese Methode der Aufklärung sollte die in ihrer Reichweite begrenzten und sehr verwundbaren Seeraumüberwachungsflugzeuge ablösen. In der Praxis erfüllte das Satellitenüberwachungssystem die anfänglichen Erwartungen jedoch nicht im Geringsten und so mussten sich auch die CHARLIE-KLASSE U-Boote weiterhin auf die Daten der Überwachungsflugzeuge verlassen, um Zielzuweisungen zu erhalten. Für das PROJEKT 670 wurde der neu entwickelte P-70-"Ametist"-Flugkörper als Hauptbewaffnung vorgesehen. Da die Waffe von einem getauchten U-Boot aus gestartet werden sollte, konnte man hier zum damaligen Zeitpunkt keinen Marschflugkörper mit Flüssigtreibstoff benutzen. Der Feststoffantrieb der P-70 konnte die Waffe nur über eine Strecke von knapp 70 km antreiben, während die ältere P-35 "Progress" mit ihrem Flüssigtreibstoff 460 km erreichte. Dieser Nachteil wurde bei der P-70 teilweise aufgewogen, da der Marschflugkörper bereits eine Fire-and-Forget-Waffe war, die Ziele selbstständig angriff. Eine permanente Übertragung von Zieldaten vom U-Boot an die im Flug befindliche P-70 entfiel deshalb, so dass das U-Boot einerseits getaucht bleiben konnte und andererseits seine Position nicht durch dauernde Funkübertragungen verriet. Die Marschflugkörper hinterließen jedoch als Folge des verwendeten Treibstoffs eine deutlich sichtbare Rauchspur über die gesamte Flugdauer, so dass die Position des U-Bootes für Schiffe in der Nähe des Startortes leicht zu erkennen war. Je vier P-70-Flugkörper wurden an Steuerbord und Backbord in Startrohren außerhalb des Druckkörpers untergebracht. Sie konnten nicht mit Bordmitteln nachgeladen werden. Zur Selbstverteidigung waren vier 533-mm-Torpedorohre am Bug in der Schiffsmitte auf dem ersten Deck untergebracht. Zusätzlich verfügte jedes U-Boot über zwei 400-mm-Rohre. Die Hauptenergieversorgung erfolgte durch einen OK-350-(BM-4-1)-Druckwasserreaktor mit 89 Megawatt Leistung und zwei nachgeschaltete Dampfturbinen. Hinzu kamen zwei Dieselgeneratoren mit je 500 Kilowatt Leistung, die im Notfall Energie für die Schiffssysteme über die zwei Batterien mit je 112 Zellen liefern konnten. Die U-Boote wurden über eine Welle mit einem Propeller auf bis zu 26 Knoten im Tauchbetrieb beschleunigt. Ein zusätzliches Antriebssystem, bestehend aus zwei elektrisch betriebenen Waterjet-Antrieben, konnte die U-Boote auch ohne den Hauptantrieb mit bis zu 5 Knoten antreiben. Mit der Entwicklung kleinerer leistungsfähiger Marschflugkörper und der Einführung von Jagd-U-Booten der PROJEKTE 671РТ VICTOR-II KLASSE und 671РТМ VICTOR-III KLASSE, die diese Waffen einsetzen konnten, wurde U-Boote wie PROJEKT 670 - CHARLIE I-KLASSE überflüssig. Der Gedanke, der hinter der Entwicklung von Projekt 670 - CHARLIE I-KLASSE gestanden hatte, wurde erst wieder in den 1980er-Jahren mit PROJEKT 949 - OSCAR-KLASSE aufgegriffen.





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