PROJEKT-20120 - Fernmeldeaufklärung der Bundesmarine, Marinefernmeldesektor 73

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B-90 - "SAROV"



Die B-90 - "SAROV" auch PROJEKT 20120, ist ein Experimental-Unterseeboot, mit dem die russische Marine das Zusammenwirken von Diesel-Elektrischem Antrieb und Nuklearanlagen testen will. Schon seit geraumer Zeit gab es immer wieder Gerüchte über ein angeblich im Bau befindliches nukleares U-Boot. Im September fand sich dieses streng geheim gehaltene U-Boot mit dem Namen "SAROV" dann kurzzeitig auf den Internetseiten der Patenstadt Sarow – ein peinliches Versehen, das sofort korrigiert wurde und dem allenthalben offizielle Dementis folgten. Zwei Monate später ist nun aber zweifelsfrei klar, dass es die Sarow tatsächlich gibt. Folgt man den bisher verfügbaren Quellen, ergibt sich folgendes Bild: Länge: 72,6 m, Breite: 9,9 m, Tiefgang: 7 m, Verdrängung: 2300/3950 tons, Tauchtiefe: 300 m, Geschwindigkeit: 10/17 kts, Tauchzeit: 45 Tage. Das Design für PROJEKT 20120 SAROV-KLASSE wurde bereits seit 1989 bei Rubin entwickelt. Baubeginn (ist unbekannt) war dann bei der Krasnoje Sormowo in Nischni Nowgorod, wo auch einige der ersten Atom-U-Boote der sowjetischen Marine gebaut worden waren. Später wurde der Rumpf auf Binnenwasserwegen ans Weiße Meer geschafft und die "SAROV" bei Sewmash fertiggestellt und am 14. Dezember 2007 aus der Bauhalle gerollt. Äußerlich soll der Neubau den U-Booten der KILO I-KLASSE gleichen, ist mit einer Tauchverdrängung von 3950 ts aber deutlich größer als diese (3050 ts) – vermutlich durch Einfügen einer zusätzlichen Rumpfsektion. Die Besonderheit ist aber nicht die Größe, sondern die Antriebsanlage. Erstmals in der Geschichte des U-Boot-Baus werden bei der "SAROV" diesel-elektrischer und Nuklearantrieb kombiniert. So verfügt das neue U-Boot über die von den U-Booten der KILO-Klasse bekannten, herkömmlichen Dieselmotoren und Batteriebänke. Zusätzlich zu diesen wird Strom aber auch durch eine nukleare Anlage erzeugt. Folgt man den derzeit zu "SAROV" kursierenden Mutmaßungen, dann handelt es sich dabei aber offenbar nicht um einen im U-Boot-Bau bisher üblichen Reaktor, bei dem die Hitze des radioaktiven Prozesses Dampf erzeugt, der dann Turbinen antreibt. Genutzt wird vielmehr ein so genannter Radioisotope Thermal Generator (RTG). Hier wirkt die durch radioaktiven Zerfall entstehende Temperatur in einem geschlossenen System direkt auf unterschiedliche Metalle, zwischen denen dann elektrische Spannung entsteht (Thermoelektrizität, Seebeck-Effekt). Ein RTG erzeugt also keinen Dampf, sondern direkt Elektrizität und funktioniert damit im Grunde wie eine Batterie. Vorteil ist vor allem die mögliche Miniaturisierung einer solchen Anlage, die einzig die beim radioaktiven Zerfall bestimmter Elemente (Plutonium, Strontium) entstehende Wärme, nicht aber die Kernspaltung üblicher Reaktoren nutzt. Das Verfahren ist keinesfalls neu. RTGs finden seit Jahrzehnten in der internationalen Raumfahrt Verwendung. Sie liefern die Stromversorgung für Satelliten, die zu weit von der Sonne entfernt sind, um Sonnensegel effektiv nutzen zu können (z. B. Raumsonden Voyager 1 und Cassini). In der früheren Sowjetunion kamen RTGs auch schon bei der langfristigen Stromversorgung von Seezeichen in abgelegenen, nicht jederzeit erreichbaren Gebieten (Arktis) zum Einsatz – von Umweltschützern heftig kritisiert. Erstmals wird nun aber eine solche Anlage zur Stromerzeugung in einem Kriegsschiff genutzt. Unklar ist, ob Russland damit einen neuen Weg ausschließlich für U-Boot-Antriebe (möglicherweise absolut geräuschlos?) beschreitet, oder in RTG vielleicht sogar einen Weg für einen voll-elektrischen Antrieb auch von Überwassereinheiten sieht. Die Verwaltung der russischen Stadt Sarow hatte am 6. September 2007 versehentlich das Geheimprojekt des neusten russischen U-Bootes auf der offiziellen Internet-Stadtseite preisgegeben. Dort wurde über den Besuch des Kommandanten des U-Bootes "SAROV", Sergej Kroschkin, sowie über die Nummer des U-Boot-Projekts 20120 und taktische sowie technische Daten veröffentlicht. Die "SAROV" soll als Einzel-U-boot zunächst Erprobungsplattform für U-Boot-Waffen und -Systeme sowie natürlich die Antriebsanlage werden. Ihr Design ist für eine lange Lebensdauer ausgelegt und sieht speziell die Möglichkeit kurzfristiger Upgrades und Modifizierungen vor. Erste Probefahrten sind für 2008 angekündigt.





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